Das erste Buch von Alfons Åberg, dem späteren Willi Wiberg, habe ich gleich nach Erscheinen Anfang der 70er Jahre – vermutlich auf der Buchmesse in Frankfurt oder in Bologna – in der Hand gehabt und gelesen. Wir hatten durch Astrid Lindgren ja ein besonders intensives Verhältnis zu dem größten schwedischen Kinderbuchverlag Rabén & Sjögren. Und bei ihm war auch Gunilla Bergströms Geschichte erschienen.
Das stimmt. Dieser Alfons war kein kleines nettes drei- oder vierjähriges Kind mit lockigem Haar oder überhaupt mit Haaren. Er hatte diesen markanten riesigen Bollerkopf, und auch sein Vater sah so ähnlich aus. Darüber rümpfte damals so mancher die Nase…Aber mich überzeugte seine Geschichte sofort. Und zwar inhaltlich. Schon der erste Band »Gute Nacht, Alfons Åberg«, diese kleine Gute-Nacht-Geschichte, erschien mir typisch für viele Familien. Ich war damals selbst junge Mutter und kannte das Problem nur zu gut. So etwas wie diesen Jungen, geschrieben und gezeichnet von Gunilla Bergström, hatten wir hier in Deutschland noch nicht.
Alfons wollten wir die Figur auf keinen Fall nennen. Wir fanden, das wäre kein Name für ein Kind… Aber Willi hörte sich gut an. Also suchten wir nach einem Nachnamen, der auch mit „W“ beginnt und gut klingt. Wiberg hieß damals einer unserer Illustratoren, vielleicht kam daher die Eingabe. Am Ende war ich mit Willi Wiberg sehr zufrieden – und die Autorin auch.
Ja. Das kannte ich schon von Astrid Lindgren. Eine Geschichte ist immer dann eine wirklich gute Bilderbuch-Geschichte, wenn sie auch ohne Bilder existieren kann. Einfach, weil der Inhalt stark ist.
Das mag sein, aber in Schweden hatte Gunilla Bergström Zeit ihres Lebens einen Sonderstatus in der Welt des Bilderbuchs. Natürlich wissen dort alle, wer hinter Alfons Åberg steckt. Ihre Bücher sind – gleich nach denen von Astrid Lindgren – immer die meist verkauften gewesen. Lindgren, Bergström, auch Sven Nordqvist mit Pettersson und Findus – sie alle haben Figuren erschaffen, die über Jahrzehnte mit den Kindern mitgewachsen sind. Und Willi Wiberg gehört eindeutig dazu. Die 26 Bände sind weltweit 9,5 Millionen Mal verkauft worden, davon 5,5 Millionen Mal in Schweden und immerhin 1 Million Mal in Deutschland.
Ich würde ihn schon als Klassiker bezeichnen, auch wenn er bis heute polarisiert. Selbst nach 50 Jahren gibt es ja immer noch Menschen, die ein Problem damit haben, dass er ein kahlköpfiger Junge ist. Und dass er mit einem viel zu alt aussehenden Vater zusammenlebt. Und dann fehlt die Mutter. Man weiß nie, was mit der Mutter ist. Gunilla Bergström meinte immer, man könne sich das selbst ausdenken, vielleicht sei die Mutter verreist, oder die Eltern lebten getrennt. Egal, es gibt halt keine Mutter. Dafür gibt es eine Großmutter und eine Tante, und zwei Cousins. Bei uns hat sich Willi Wiberg als Bilderbuchfigur schlussendlich durch die Kindergärten durchgesetzt. Dort wurde er gern und viel gelesen. Ich freue mich jedenfalls sehr, dass sich Willi gehalten hat, dass wir 23 Bände herausgegeben haben und er mittlerweile ein Kinderbuchklassiker ist, der immer noch nachgefragt wird.
Ich liebe nach wie vor die erste Geschichte ganz besonders – Gute Nacht, Willi Wiberg. Vielleicht liegt es daran, dass einem das, womit man als erstes in Berührung kommt, am besten im Gedächtnis bleibt. Ja, vielleicht habe ich sie deshalb am liebsten.